Schulabbruch in der Oberstufe – aufhalten, aber wie?
Eine Studie an acht Oberstufen
DOI:
https://doi.org/10.58652/spe.2022.1.p47-68Keywords:
schulische Krise, Oberstufe, Beratung, Selbstwirksamkeit, Schulabbruch, FrüherkennungAbstract
Auf der Basis einer Längsschnitt-Studie an acht Oberstufen (drei Gesamtschulen, vier Berufskollegs und das Oberstufenkolleg) in den Jahren 2013-15 mit knapp 500 quantitativ befragten Schüler:innen und einer qualitativ interviewten Untergruppe von 31 Personen stellt sich heraus, an welchen Symptomen man als beratende Lehrperson früh erkennen kann, ob jemand auf dem Weg in eine ernsthafte Krise ist und durch welche Schritte man gemeinsam mit der Schüler:in die Krise entschärfen oder abwenden kann.
Die Ergebnisse der quantitativen Längsschnittuntersuchung zeigen, dass folgende Risikofaktoren eine Rolle spielen: Absentismus, Schulmüdigkeit, Lehrer-Schüler-Verhältnis, Selbstwirksamkeit, Einschätzung des Unterrichtstempos, schulisches Wohlbefinden und Noten der Kernfächer im jeweils letzten Halbjahreszeugnis. Für ein hohes Abbruchsrisiko sprechen folgende Faktoren: geringe Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit sowie die Unfähigkeit (auf Lehrenden- und Lernenden-Seite!), rechtzeitig Krisendialog-unterstützende Beziehungen aufzunehmen und zu pflegen. Die 31 Schüler:innen, die in der qualitativen Längsschnittuntersuchung befragt worden sind, sagen recht deutlich, welche Art von Unterstützung ihnen geholfen hätte und welche Art von schulischer Reaktion ihre Krise verschärft hat. Diese Untergruppe wird in (methodisch abgesichert erhobene) verschiedene Typen eingeteilt; für jeden dieser Typen wird ein jeweils passender Beratungsrahmen empfohlen.
In beiden Längsschnittuntersuchungen zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen der Gruppe derjenigen, die zu beiden Zeitpunkten (2013 und 2015) interviewt wurden, zu denen, die nur am ersten Interview teilgenommen hatten, darunter in der qualitativen Untersuchung zusätzlich auch diejenigen, die die Schule vorzeitig verlassen hatten. Hierdurch gewinnt die Typisierung an Kontur. Die Ergebnisse erscheinen auch für außerschulische Jugendarbeit von Interesse, da es in den Interviews in hohem Maße um Rahmenbedingungen in Familie und peer group geht.